Die Tigermücke auf dem Nordfriedhof und warum sie für Medizinstudierende wichtig ist – Weltweit erster praktischer Prüfungsparcours zur planetaren Gesundheit in Jena
Jena (UKJ). Als Schwangere hat man nur einen Wunsch: Das Kind soll gesund zur Welt kommen. Hitzeepisoden, tropische Nächte und Luftverschmutzung, die mit dem Klimawandel einhergehen, erhöhen jedoch auch das Risiko für eine Frühgeburt. Eine Patientin ist deshalb besorgt und möchte in einem Gespräch mit ihrer Ärztin umfassend zu diesem Thema informiert werden. Nebenan berät sich der Ortsteilbürgermeister von Jena-Nord mit dem Amtsarzt der Stadt. Er hat von Tigermücken auf dem Nordfriedhof gelesen und möchte nun über eventuelle Gefahren, die von dem eigentlich im südostasiatischen Raum beheimateten Insekt ausgehen, aufgeklärt werden und wissen, welche vorausschauenden Maßnahmen getroffen werden können. Zwei von insgesamt acht Fällen, denen sich 20 Medizinstudierende am Donnerstag in Form eines digital unterstützten praktischen Prüfungsparcours OSCE – Objective Structured Clinical Examination – gestellt haben.
OSCE ist ein Prüfungsformat im Medizinstudium, das die klinische Kompetenz von Studierenden überprüft. Sie absolvieren dazu verschiedene Stationen, an denen mit Hilfe von Schauspielpatienten ihre konkreten ärztlichen Fertigkeiten bewertet werden. „Studierende lernen, was geprüft wird. Deshalb wollen wir die positiv steuernde Kraft guter und fairer Prüfungen nutzen, um das Thema Planetare Gesundheit im Medizinstudium zu verankern“, sagt Prof. Dr. Jana Jünger vom Institut für Kommunikations- und Prüfungsforschung Heidelberg, die wesentlich an der Konzipierung der Prüfung beteiligt war.
Der Jenaer OSCE-Parcours am Donnerstag war weltweit der erste, der sich vollständig der Planetaren Gesundheit widmete. Neun Fächer von der Allgemeinmedizin bis zur Radiologie beteiligten sich interdisziplinär. Das Konzept nimmt die gesellschaftlichen Bedingungen für Gesundheit wie auch die globalen Zusammenhänge in den Blick und ganz besonders die Öko-Systeme des Planeten, von denen unser Wohlergehen abhängt. Dr. Ute Teichert, Leiterin der Abteilung „Öffentliche Gesundheit“ des Bundesgesundheitsministeriums betont: „Das Thema ist eng mit der Bevölkerungsgesundheit verbunden. Es ist uns ein gesundheitspolitisches Anliegen, zusammen mit den Fakultäten und dem öffentlichen Gesundheitsdienst das Gesundheitswesen insgesamt auf diese neuen Aufgaben vorzubereiten.“
„Das Thema hat eine hohe Aktualität für die junge Generation an Medizinern. Planetary Health und die ärztliche Tätigkeit sind miteinander verbunden. Zum Beispiel sind aktive Mobilität wie Radfahren und pflanzenbasierte Ernährung nicht nur gut für den Planeten, sondern auch für unsere Gesundheit. Für diese Aspekte gilt es eine Sensibilität zu schaffen“, sagt Max-Johann Sturm, Medizinstudent der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Medizinische Fakultät in Jena hat diese Initiative von Anfang an unterstützt. „Die neue Ärztliche Approbationsordnung steht kurz bevor. Der OSCE ist wird in Zukunft zur universitären Pflichtprüfungsform, da hier der Transfer von Wissen in Handlungskompetenz geprüft wird“, weiß Prof. Dr. Ulf Teichgräber, Studiendekan der Medizinischen Fakultät.
Eingebettet waren die ersten OSCE-Prüfungen zur Planetaren Gesundheit in ein interaktives Fachsymposium, um einen gemeinsamen Austausch zum Thema zu ermöglichen und Raum für die Entwicklung neuer Ideen zu lassen. Dr. Frank Wissing, Generalsekretär des Medizinischen Fakultätentages, sagte hier: „Der Fakultätentag steht in der besonderen Verantwortung, die Inhalte des Studiums bundesweit aktuell zu halten. Planetare Gesundheit ist als Querschnittsthema in den Lernzielkatalogen der Human- und Zahnmedizin abgebildet.“
„Der Wissenstransfer in die Gesellschaft ist eine unserer zentralen Aufgaben als medizinische Fakultät. Wir bilden die Ärztinnen und Ärzte von morgen aus und müssen sie entsprechend auf die Herausforderungen von morgen vorbereiten“, ergänzt Prof. Dr. Thomas Kamradt, Wissenschaftlicher Vorstand des Universitätsklinikums und Dekan der Medizinischen Fakultät.
Weitere Informationen:
Die OSCE-Stationen:
– Arboviren (Tigermücke in Jena) | Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene
– Planetary Health Diät | Klinik für Innere Medizin IV (Gastroenterologie)
– Inhalationsanästhetika | Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
– Hitze und Frühgeburtlichkeit | Klinik für Geburtsmedizin
– Co-Benefits | Institut für Allgemeinmedizin
– Hitze im Pflegeheim | Klinik für Innere Medizin II, Abteilung Palliativmedizin
– Psychische Belastung | Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
– Nachhaltige Praxis | Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit
Kontakt: Dr. Uta von der Gönna, Wissenschaftskommunikation, Stabsstelle Unternehmenskommunikation, Universitätsklinikum Jena, Kastanienstraße 1, 07747 Jena
Medizinstudierende absolvierten am Universitätsklinikum Jena den deutschlandweit ersten interdisziplinären Prüfungsparcours zum Thema Planetare Gesundheit.
Foto: Michael Szabó/UKJ
An acht Stationen, hier im Beratungsgespräch mit einer Schwangeren, konnten die Prüflinge ihre Kenntnisse anwenden.
Foto: Michael Szabó/UKJ